Chronik des JG 27

Gliederung, Stellenbesetzung, Liegeplätze, Maschinen,


Januar - Juni 1944

"gegen vielfache Übermacht".


Reichsverteidigung
Luftflotte Reich  03. Juni 44
 
 

Stab JG 27, Obst.    Rödel Seyring Bf 109 G-10
I./JG 27,      Hptm. Sinner Fels am Wagram Bf 109 G-6
II./JG 27,    Hptm.   Schröer Wiesbaden - Erbenheim Bf 109 G-6
III./JG 27,   Hptm.  Düllberg Götzendorf Bf 109 G-6
IV./JG 27,   Hptm.  Meyer Ungarn Bf 109 G-6

 
Das Jahr 1944 zeigte eine grundlegende Veränderung des Luftkrieges. 
Im Januar 44 waren in Deutschland, Frankreich, Südnorwegen und Holland 1650 Jäger stationiert, gegen 365 im Mittelmeerraum und 425 in der Sowjetunion.
Die Luftwaffe war endgültig nicht mehr in der Lage, den Anforderungen dieses Mehrfrontenkrieges gerecht zu werden. Besonders die fast täglichen Einflüge der US- 4 mot Verbände bereiteten der Luftwaffenführung Probleme. Diesen, oft mit mehr als 700 schw. Bombern und ab Feb. 44 unter massiven Geleitschutz stehenden, Angriffen waren die Jagdgruppen der Reichsverteidigung
bald nicht mehr gewachsen. 
 
 

Focke Wulf Fw 190 A-7,
geflogen von Olt. Krebs, TO der I./ JG 1,
Dortmund, Januar 44.
Auf der Motorabdeckung die geflügelte "1", das Geschwaderwappen.

Auch wenn die Abschusserfolge der Tagjäger hoch waren (die 8. US Luftflotte verliert im April und 
Mai 44 zusammen 681 Bomber), so war in diesen Abnutzungskämpfen über dem Reichsgebiet, auf Dauer die Luftwaffe der Verlierer. 
Der aggressive US-Jagdschutz, der die Bomber nun bis tief nach Deutschland begleiten konnte, setzte den dt. Jägern erheblich zu. 
Auf Görings Befehl, hatten die Jäger die US-Jäger zu ignorieren, und sich auf die Bomberpulks zu konzentrieren.  Heftige Proteste der Geschwaderkommodore, sowie vom General der 
Jagdflieger Adolf Galland, die Handlungsspielraum je nach der Situation verlangten, wurden unter Androhung von Kriegsgericht abgewiesen! 
So wurde für die US-Jagdpiloten das fliegen über dem Reich zur "sichersten Sache der Welt".
Die Verluste der Jagdgruppen stiegen rapide an. 
Die Alliierten hofften, daß die dt. Jagdwaffe bei der Abwehr dieser Angriffe ausbluten würde, und gingen davon aus, daß der Pilotennachwuchs durch raschen Verschleiß und ungenügender Ausbildung infolge durch Maschinen- und Spritmangel die Lücken nicht mehr auszufüllen vermochte. 
Heute wissen wir, diese "Rechnung" ging auf. 
Man muß aber auch wissen, daß diese "Rechnung", durch die geradezu übermenschliche Anstrengungen der Reichsverteidigung und der Industrie beinahe nicht aufging. 
Aber eben nur beinahe!


Zu Beginn des Jahres 1944 liegt die I./ JG 27 in Fels in Wagram (als "Untermieter" hatte hier auch die 7./ ZG 26 mit ihren Bf 110 G-2 Zerstören ihr Zuhause ). 
Die II. Gruppe in Wiesbaden - Erbenheim.
Die III./ und IV./ JG 27 lagen immernoch im Südosten Europas. Aber Ende Feb. räumt die III. Gruppe nach und nach den serbisch - bulgarischen Raum und gelangt nun nach Wien - Götzendorf.
Auch die IV./ JG 27 zieht Anfang März vom Balkan ab und verlegt nach Ungarn. 
 

Die I./ JG 27 in Fels am Wagram.
Im Vordergrund, die "weiße 8", eine Bf 109 G-6/R6, der 1. Staffel.
Sämtliche Maschinen tragen das grüne Reichsverteidigungsband.

In jener Zeit bekämpfte die I./ JG 27 die von Süden her einfliegenden Bomberverbände
der 15. US Luftflotte.
Das bedeutet fast täglich Großeinsatz. Doch zunächst ist die II. Gruppe an den Brennpunkten der Reichsverteidigung eingesetzt. Zusammen mit der III./ JG 3, der I./ JG 5 und einigen Zerstörergruppen bildete man große Gefechtsverbände, die sich den jetzt durch Langstreckenjäger geschützten Bomberströmen entgegenstellen. Und trotz Jagddeckung können die Verbände ihren Gegnern immer noch schwere Verluste beibringen. Ab Feb. 44 versuchten die Alliierten daher, der dt. Jagdwaffe einen empfindlichen Schlag zu versetzen. 
In der sog. "Big Week" vom 20. - 25. Feb. sind die Zentren der Flugzeugindustrie im Reich das Ziel ihrer Bomber. Diese schweren Angriffe auf Augsburg, Regensburg, Marienburg, Wiener Neustadt und anderen Zielen zerstörten drei Motoren- und 23 Zellenfabriken und brachten die Flugzeugproduktion fast zum Stillstand. 
 
 

"Big Friends and Little Friends".
Zwei P-51 B der 325. Fighter Group und eine B-17 G.
Im Jahr 1944 ein gewohnter Anblick über dem Reich.

Der eigens eingerichtete Jägerstab unter Otto Sauer erreichte, daß der Bau von Jägern nun absolute Priorität hatte. So wurden im März 1 300, im April 1 500 Jäger gebaut. Und diese Zahlen waren noch nicht der Höhepunkt. Auch war die Lage auf dem Treibstoffsektor noch beruhigend, da die Hydrierwerke auf vollen Touren laufen konnten. Aber dies sollte sich noch ändern.
Der 12. Mai 1944:
"An diesem Tag stießen der Stab, die I./, III./, und IV./ JG 27 und andere Einheiten, 
insgesamt 16 Jagdgruppen und zwei Zerstörergruppen mit 470 Maschinen, auf 886 Bomber 
und 980 Begleidjäger der 8. US Luftflotte.
Das Ziel des Angriffes, die Hydrierwerke in Thüringen. 
(Der Angriff vom 12. Mai, war der Beginn einer alliierten Offensive gegen die
dt. Treibstoffherstellung).
In den Luftkämpfen über Mitteldeutschland, schossen die JG 27-Piloten 
zwei North American P-51 Mustang und 21 Boeing B-17 Flying Fortress ab.
Eine B-17 war der 90. Luftsieg vom Geschwaderkommodore Oberst Rödel. 
Aber das Geschwader verlor selbst ein duzend Messerschmitt. 
Vier Piloten waren gefallen, sieben verwundet. 
Hptm. Franzisket, Gruppenkommandeur der I./ JG 27, wurde ebenfalls getroffen und mußte mit schweren Verwundungen  aussteigen. In diesen Wochen war die Stelle des Gruppenkommandeurs bei der I./ JG 27 nicht gerade vom Glück verfolgt. Am 19. Mai verlor der Nachfolger von Franzisket, Hptm. Börngen im Luftkampf seinen rechten Arm. 
Dann kam Maj. Redlich: "So, jetzt werde ich euch mal zeigen, wie man einen Verband an die Viermots heranführt!", sagte er am 29. Mai, schießt einen Bomber ab und wird dann selbst Tödlich getroffen. 
Nach dem Ende der Kämpfe am 12. Mai meldeten die dt. Verbände insgesamt 91 Abschüsse, davon 78 Viermotorige.
Auf der Verlustseite standen 28 Gefallene sowie 24 Verwundete. Die Einbußen an Flugzeugen beliefen sich auf 79 Totalverluste und 22 beschädigte Maschinen."
 
 

Der Gruppenkommandeur der I./ JG 27,
Hptm. Franzisket, in seiner Bf 109 G-6/R6.
Fels am Wagram, Mai 44.


Konnten die abgeschossenen Flugzeuge auch schnell ersetzt werden, so war der Verlust, der gefallenen Kommodore, Gruppenkommandeure und Staffelkapitäne, mit ihrer oft mehrjährigen Kampferfahrung, von den Schulen nicht mehr wettzumachen. Um die Verluste schnell zu ersetzen, wurde das Schulungsprogramm immer mehr gerafft. Das Niveau der Jagdwaffe sank. 
Der General der Jagdflieger, Adolf Galland, berichtete im Mai 44: 
 

"Wir kämpfen heute in einem Verhältnis von 1 : 7. 
Das Niveau der Amerikaner ist hervorragend. 
In den letzten vier Monaten haben die Jagdflieger mehr als 1 000 Maschinen und ihre besten Piloten verloren. 
Diese Lücken können nicht mehr geschlossen werden.
Bei jedem Einflug verlieren wir etwa 50 Jäger. 
Wir stehen fast vor dem Zusammenbruch der Jagdwaffe"

Dem Anwachsen der Bedrohung, begegnete man mit dem Herausziehen weiterer Jagdverbände aus der Front, und deren Verlegung in die gefährdenden Gebiete.
Die verbliebenen Einheiten an den Fronten hatten dadurch immer größere Räume, über den bedrängten Heeresdivisionen, zu decken. 


Die Monate Januar bis zur Alliierten Landung an der Normandieküste am 06. Juni 44, 
sind noch einmal ein Höhepunkt in der Geschichte des JG 27. 
Von einer Handvoll Männern geführt, die seit Kriegsbeginn im Einsatz stehen, wie Rödel, Schröer, Franzisket, Börngen und Düllberg, hatte das Geschwader einen hohen Anteil an den großen Verlusten, welche die Amerikaner im ersten Halbjahr 1944 über dem Reich hinnehmen mußten. 
Aber die Reichsverteidigung hatte ebenfalls empfindliche Verluste hinnehmen müssen, und stand erheblich unter Druck. Die Führung, aber auch die Bevölkerung, erwartete von ihr den effektiven Schutz der Heimat.
 



 
Die angezeigte Liste der Liegeplätze des Geschwaders ist nicht vollkommen!
Das JG 27 wechselte 1944 öfter seine Horste.
Das hier angegebene Verzeichnis will nur die wichtigsten Einsatzhäfen nennen.



 
1943, "Überall und Nirgendwo".
Juni - Dez. 44, von der Normandie bis an die Reichsgrenze.
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